Singularity

Was passiert, wenn man Half Life 2 mit S.T.A.L.K.E.R kreuzt, noch einen Schuss Bioshock hinzufügt und mit Uncharted 2 abschmeckt? Singularity! Kurz, ich liebe das Spiel und kann es jedem Shooterfan empfehlen, der gerne wieder mal einen Titel ohne übertriebenem Pathos und mit Atmosphäre spielen würde.

Aber beginnen wir doch einfach am Anfang…

Story

Singularity spielt in einer fiktiven Vergangenheit/Gegenwart in der die Sowjetunion der amerikanischen Atombombe etwas mächtigeres entgegensetzen wollte und 1941 bei Schürfarbeiten auf der Insel Katorga 12 im Bering Meer ein neues chemisches Element entdeckt. Das Element wird kurzerhand E99 getauft und kann erstaunliches. Auf der einen Seite können durch E99 unvorstellbare Energien erzeugt und nutzbar gemacht werden. Auf der anderen Seite birgt das Element aber auch ein ungeahntes Zerstörungspotential, lässt organische Stoffe mutieren und beeinflusst den Zeitstatus von allem was damit in Kontakt gerät. Die Sowjetunion scheut keine Mühen und baut auf Katorga 12 kurzerhand eine grosse Forschungsstation um E99 zu erforschen und eine Waffe zu entwickeln. Es werden hunderte Wissenschaftler und Arbeiter mit ihren Familien nach Katorga 12 geholt. Die Anlage wird von Dr. Nikolai Demichev geleitet. Dr. Victor Barisov ist ist der Chef der Forschungsabteilung und entwickelt in den 50er Jahren ein Gerät mit dem sich die Zeit manipulieren lässt. Demichev will das Zeitmanipulationsgerät (ZMG) an Menschen testen, was Barisov aber entschieden ablehnt. Barisov entscheidet sich dafür, das ZMG im Geheimen weiterzuentwickeln und Demichev nichts davon zu erzählen.

Zeitsprung: In der Gegenwart ist Captain Nathaniel Renko (unser Alter Ego) als Mitglied einer amerikanischen Spezialeinheit auf dem Weg nach Katorga 12 um die Insel zu untersuchen, nachdem ein Spionagesatellit  beim überfliegen der Insel ausgefallen ist. Beim Anflug auf Katorga 12 geraten sie plötzlich in eine Zeitwelle und stürzen ab…

Hier beginnt das Spiel und mehr wird hier auch nicht verraten.

Gameplay (Testsystem PS3)

Das Spiel fühlt sich sehr „flüssig“ an. Die Steuerung ist gut durchdacht und alles klappt einwandfrei. Die Tasten und Knöpfe sind teilweise mehrfach belegt und trotzdem wird die Steuerung nie zu Schwierig und ist sehr intuitiv zu handhaben. Der Schwierigkeitsgrad ist für Hardcore Zocker wie auch Gelegenheitsspieler gut einstellbar, wobei gewisse Passagen schon fast etwas zu leicht erscheinen. Im Grossen und Ganzen kann man sagen, dass Singularity ein guter neuer „oldschool“ Shooter ist. Man ist immer auf der Suche nach Munition, Medipacks und allerhand E99 Energie, die als Währung für Upgrades der Waffen eingesammelt werden kann. Die Gesundheit muss von Hand per Medipack aufgefüllt werden bevor der virtuelle Tod eintritt.

Waffen, die die Gegner fallen lassen, können jederzeit aufgenommen werden oder als Munition eingesammelt werden falls man die gleiche Waffe schon in der Hand hat. Es können zwei Waffen gleichzeitig mitgeführt werden, verschiedene Waffenklassen gibt es nicht. Man kann also ohne weiteres ein Sturmgewehr und eine Schrotflinte mitführen und auf die normale Pistole verzichten. Die Sniperwaffe macht in den meisten Levels nicht viel Sinn, da sich die Levels oft nicht auf grossen offenen Flächen abspielen sondern eher in engen Gängen und kleineren Aussenarealen. Dort wo ein Sniper nützlich ist, liegt immer auch einer irgendwo herum. Die Schrotflinte passt da schon viel besser als Zweitwaffe und Mutantentöter in den Rucksack. Munition ist immer genügend vorhanden und sollte eigentlich nie das Problem sein. Falls sie doch mal knapp wird, hat Renko noch die Möglichkeit einen Nahkampfangriff auszuführen (Anfangs mit Messer, danach mit dem ZMG).

Das ZMG kann einerseits als Waffe benutzt werden indem man Gegner schnell altern und zu Staub zerfallen lassen kann. Andererseits kann man damit viele Objekte verjüngen oder altern lassen und diese Objekte auch als Waffe oder Hilfsmittel für Hindernisse brauchen. Beispiel: Kleiner Spalt zwischen Boden und Falltüre, so kann ich nicht durchkriechen. Alte zusammengedrückte Kiste in den Spalt. Kiste verjüngen > faltet sie auseinander > drückt Türe nach oben. Jetzt kann man durchkriechen, ganz einfach. Weitere Funktionen des ZMG sind eine Zeitblocker Kugel, eine Wegfindungshilfe (Ping), ein Antigravitationswerkzeug und eben ein Nahkampfimpuls der gegen Gegner verwendet werden kann. Die Zeitblocker Kugel ist sehr interessant und hilft oft weiter. Diese Kugel bildet einen Kugelbereich rund um eine aufgetroffene Stelle in dem die Zeit zum Stillstand kommt. Renko kann sich als einziger darin bewegen und auch auf Gegner schiessen. Nachdem der Effekt abklingt erreichen die Kugeln das Ziel und die Gegner fallen gleich Reihenweise um. Macht viel Spass und hilft bei grossen Gegnermassen ungemein.

Man findet über die Levels verteilt auch immer mal wieder Waffenupgradepacks die es einem erlauben die Waffen, die man trägt, zu verbessern. Hierbei ist es am besten, wenn man sich auf einzelne Waffen spezialisiert, da es einfach zu wenig solche Upgrades gibt um alle Waffen hochzuleveln. Diese verbesserten Waffen führt man dann meistens auch mit sich herum. An den immer mal wieder auftauchenden Waffenschränken kann man seine Ausrüstung verändern, Waffen upgraden und Munition kaufen. Später findet man auch spezielle Schränke bei denen man das ZMG upgraden kann.

Die Grafik ist durchwegs gelungen, sie ist zwar nicht ganz auf der Höhe der Zeit, aber wirkt auch nie so platt, dass es mühsam wäre das Game zu spielen. Einige Effekte sehen sogar sehr gut aus und können mit aktuellen Grafikwundern sicher mithalten. Die Physikenggine macht einen guten Job und erfüllt ihren Zweck jederzeit.

Stimmung und Atmosphäre

Wirklich neu macht Singularity nicht viel. Die Entwickler haben sich Ideen zusammengeklaut, dass sich die Balken biegen. Aber vielleicht ist es genau das, was das Spiel so gut macht. Nach dem Moto „besser gut geklaut als schlecht erfunden“ finden sich viele Szenen, in denen man sich denkt, hmmm… bin ich jetzt plötzlich in Half Life 2 gelandet? So werden zum Beispiel viele Szenen durch gescriptete Sequenzen eingeleitet und auch die Gegnertypen sind teilweise sehr ähnlich wie einige Bekannte aus Half Life.

Überall in den Levels verteilt findet man Notizen und Tonbandgeräte mit kurzen Meldungen aus den 50er Jahren von Wissenschaftlern die auf Katorga 12 gearbeitet haben. Dies haben wir auch schon in Bioshock gesehen und auch dort hat es viel zur gelungenen Atmosphäre beigetragen.

An diversen Stellen stehen alte Filmprojektoren herum auf denen Propagandafilme laufen, die auch sehr gut aus Fallout 3 stammen könnten.

Das ZMG erinnert manchmal doch sehr stark an das Gravitron von Gordon Freeman. Es sieht zwar ganz anders aus, kann aber durch die Verwendungen oft damit verglichen werden.

In der Mitte des Spiels gibt es einen Bosskampf der sofort an Lost Planet denken lässt. Zwar ist das Vieh nicht so riesig, aber es hat auch orange Stellen am Körper die man fortlaufend beschiessen muss.

Die Stimmung leidet aber gar nicht unter dieser Kleptomanie. Ganz im Gegenteil, die Mischung der Elemente ist sogar äusserst gut zusammengesetzt. Gepaart mit einer guten Prise Selbstironie und einem stets lustig und nostalgisch wirkenden Sowjetpatriotismus bringt es Singularity fertig, dass ich mich in der fiktiven Welt wohl fühle und das Spielen zu einem stimmigen und atmosphärisch gut abgestimmten Erlebnis wird.

Fazit

Singularity klaut alles zusammen was nicht niet- und nagelfest ist. Trotzdem oder gerade deshalb ist es für mich der beste Shooter des laufenden Jahres und eines der besten Spiele die ich 2010 gespielt habe. Die Langzeitmotivation ist hoch, da das Spiel taktisch sehr verschieden gespielt werden kann und es den Sammeltrieb anregt. Die enthaltenen Trophys oder Achievments machen Sinn und sind teilweisse so gut platziert, dass ich immer mal wieder schmunzeln musste. Da gibt es zum Beispiel eine Trophy wenn man „That Wheel“ gefunden hat. Dabei geht es um einen kleinen versteckten Raum in dem man ein Medipack findet und dahinter steckt ein Rad in der Wand fest, das erstaunliche Ähnlichkeiten aufweist wie ein bekanntes Rad aus der Fernsehserie Lost, mit dem man eine ganze Insel verschieben konnte. Lost auf der Insel… Singularity auf der Insel… ich glaub mehr muss ich nicht mehr erklähren, sonst wird es blöd. Dieses Easter Egg ist cool und macht Lust auf mehr… viel Spass beim Suchen.

Ich finde es erfrischend, mal ein Spiel zu sehen, dass nicht zwanghaft versucht, alles noch besser, grösser, schneller, schöner zu machen. Singularity ist da von Anfang an ehrlich. Es ist ein Spiel, das Fans von anderen Spielen bedient und es trotzdem irgendwie hinkriegt, einen eigenen Stil zu entwickeln. Manchmal ist weniger eben mehr und geklaut eben besser als neu erfunden. Das ist auch bei den drei verschieden Enden des Spiels so. Der Spieler muss sich erst in den letzten 5 min. für eines der drei Enden entscheiden und kann danach auch einfach den letzten Speicherpunkt nochmals laden und die anderen Enden ausprobieren. Ich finde diesen Pragmatismus cool und freue mich jetzt schon auf einen eventuellen Nachfolger von Singularity.

Die Story hat erstaunlich viel zu erzählen für einen Shooter, die Atmosphäre ist stimmig, das Gameplay ist gut ausgewogen, die Grafik ist OK bis Gut… WAS WILL MAN MEHR. Ich werde Singularity auf jeden Fall noch ein weiteres Mal durchspielen und kann es jedem anderen Spieler auch empfehlen.

Pragmatismus